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Beton im Kreislauf – Impulse für eine nachhaltige Bauwirtschaft

Nachlese zur Veranstaltung von IG Architektur und Beton Dialog Österreich am 30. September 2025 in Wien

„Wir müssen den Bestand wertschätzen und den Mehrwert erkennen“, ist Angelika Mettke, Professorin an der TU Brandenburg und Expertin für die Wiederverwendung von Betonfertigteilen überzeugt. In ihrem Vortrag bei der Veranstaltung „ig_im Detail: Von der Ressource zum Kreislauf – Chancen des nachhaltigen Bauens mit Beton“ zeigte sie anhand praktischer Beispiele, wie alte Plattenbauten aus der DDR-Zeit zu Rohstofflagern der Zukunft wurden – etwa beim Jugendzentrum Hohenmölsen oder beim Sportlerheim Kolkwitz.

Diese gelungenen Projekte für das Re-Use von Betonelementen bezeichnete Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie und Vorstand von Beton Dialog Österreich, als „Königsdisziplin der Kreislaufwirtschaft“. Er verwies auf die Fortschritte der österreichischen Zementindustrie in der Dekarbonisierung und gab einen Ausblick, wie der Klinkeranteil im Zement bis 2040 von 70 auf 52 Prozent sinken soll, während der Ersatzrohstoffanteil von 23 auf 50 Prozent steigen soll.

Für Anton Glasmaier, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Betonfertigteilwerke und Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich, stand die Frage im Zentrum, wie heute gebaut werden müsse, damit Gebäudeteile in 100 oder 150 Jahren wiederverwendet werden könnten. Er betonte, dass serielle Fertigung schon lange nicht mehr eintönige Standardisierung bedeutete, sondern vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Individuelle Basiselemente, mit vorgegebenen Maximal- und Minimalabmessungen, die sich variabel kombinieren lassen ermöglichen heute nahezu grenzenlose Vielfalt, ohne die industrielle Logik aufzugeben.

Wie effizient diese Bauweise ist und welche Herausforderungen sie in der Planung birgt, zeigte Judith Mayr vom Architekturbüro Franz&Sue an einem Beispiel aus Wien: Beim sozialen Wohnbau in der Berresgasse im 22. Bezirk wurden erstmals vorgefertigte Betonfassadenelemente anstelle des klassischen Vollwärmeschutzes eingesetzt – mit sehr guten Ergebnissen. Zwar war der planerische Aufwand höher, da Leitungen und Schächte möglichst früh mitgedacht werden mussten, doch eröffnete die Vorfertigung große Potenziale.

Auch Christoph Ressler, Geschäftsführer des Güteverbands Transportbeton (GVTB) und Vorstand von Beton Dialog Österreich, brachte ein aktuelles Praxisbeispiel ein. Eine öffentliche Ausschreibung für CO₂-reduzierten Beton machte deutlich, wie die neuen CO₂-Klassen für Betone Planer:innen künftig dabei unterstützen sollten, emissionsreduzierte Betone gezielt auszuschreiben. Das von der Österreichischen Bautechnikvereinigung veröffentlichte Merkblatt zeigte dabei sowohl das Einsparpotenzial unterschiedlicher Betone als auch ihre Verfügbarkeit in Österreich.

Den Abschluss des Vortragsreigens gestaltete Markus Pendlmayr von einszueins architektur. Er stellte das Forschungsprojekt Indicate Life vor, das eine neue Berechnungsmethode zur Ökobilanzierung entwickelt hatte. Damit sollte es Planer:innen künftig leichter fallen, Baustoffe zu vergleichen ud Rückschlüsse für die eigene Arbeit zu ziehen.

In der anschließenden Diskussion gaben die Expert:innen einen Ausblick auf weitere Maßnahmen, um Kreisläufe im Bauwesen zu schließen und Ressourcen zu schonen – etwa durch eine vereinfachte Nutzung von Bodenaushubmaterial. Deutlich wurde: Die Beton- und Zementindustrie arbeitete intensiv daran, ihren Beitrag zur Dekarbonisierung und zur Kreislaufwirtschaft in Österreich zu leisten. Gleichzeitig bleibt es eine zentrale Herausforderung, passende Geschäftsmodelle zu entwickeln, regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen und Auftraggeber:innen von den Vorteilen des kreislauffähigen Bauens mit Beton zu überzeugen.