Am 24. Juni 2025 wurde im Technischen Museum Wien zum zweiten Mal der Österreichische Betonpreis verliehen – eine Auszeichnung, die sich ganz dem innovativen und nachhaltigen Bauen mit Beton widmet. Als einziger Bau- und Architekturpreis des Landes mit Fokus auf diesen vielseitigen Baustoff würdigt der Betonpreis visionäre Projekte, die zeigen, wie Beton Gebäude und Infrastruktur zukunftsfähig machen kann. Dieses Jahr hat die achtköpfige Fachjury unter dem Vorsitz von Anja Fischer, Architektin aus Wien, gleich drei Siegerprojekte in den Kategorien Wohnbau, Bildungs- und Verwaltungsbau und Revitalisierung. Die Projekte zeigen, wie vielfältig, innovativ und nachhaltig der Baustoff Beton eingesetzt werden kann.
Sieger Kategorie Wohnbau: Campo Breitenlee

© Hertha Hurnaus
Die Wohnhausanlage Campo Breitenlee in Wien-Donaustadt überzeugt als zukunftsweisendes Plusenergiequartier, das Ökologie, soziale Qualität und innovative Technik vereint. Beton wird dabei nicht nur konstruktiv, sondern auch energetisch wirksam eingesetzt. Die thermische Speicherfähigkeit des Baustoffs ermöglicht ein nachhaltiges System zum Heizen und Kühlen, das in Kombination mit einer wetterprädiktiven Steuerung und aktuellen Wetterdaten eine besonders effiziente Energienutzung erlaubt. Das Projekt erreicht so nicht nur rechnerisch, sondern auch im Betrieb eine Versorgung mit 100 Prozent erneuerbarer Energie und erfüllt höchste ökologische Standards.
Die Kreislauffähigkeit der Materialien und die lange Nutzungsdauer werden ebenso berücksichtigt und machen den Bau in jeder Hinsicht zukunftsfit. Auch städtebaulich überzeugt die Anlage durch ihre durchdachte, verkehrsberuhigte Einbindung und eine hohe Aufenthaltsqualität im halböffentlichen Raum. Die kleinteilige Bebauung schafft ein angenehmes Mikroklima mit guter Belüftung, Belichtung und Beschattung. Vom Campo, dem urbanen Zentrum, spannt sich eine grün-urbane Achse Richtung Süden und verbindet drei unterschiedliche Wohnatmosphären. Die markanten „Schmetterlinge“ – Baukörper mit flügelartigem Grundriss – bieten durch begrünte Brücken, Versätze und Gemeinschaftsräume helle Wohnungen mit freiem Ausblick. Kleinere Gebäude im Westen schließen harmonisch an Einfamilienhäuser an. Die Freiraumgestaltung – ebenfalls mit Betonelementen – schafft Identität, Aufenthaltsqualität und stärkt die Gemeinschaft. Durch Vorfertigung und Systembauweise konnten zudem Baukosten optimiert werden – essenziell für den sozialen Wohnbau. Das Leuchtturmprojekt markiert damit einen bedeutenden Schritt in Richtung Klimaneutralität.
Sieger Kategorie Bildungs- und Verwaltungsbau: Future Art Lab der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

© Hertha Hurnaus, Toni Rappersberger
Das Future Art Lab am Campus der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ist ein Ort für Musik, Film, Komposition und Experiment – und überzeugt durch den konsequenten und innovativen Einsatz des Baustoffs Beton. Die expressive Formensprache des Gebäudes unterstreicht die skulpturale Qualität von Beton und verleiht dem Haus eine starke ästhetische Identität. Für die spezifischen Anforderungen der Musikproduktion wird die physische Masse des Materials nicht nur funktional genutzt, sondern zu einem zentralen Gestaltungselement erhoben. Seine akustischen Eigenschaften ermöglichen die unmittelbare Nachbarschaft hochsensibler Räume – etwa Klangtheater, Aufnahmesaal und Art House Kino – ohne gegenseitige Störung. Möglich wird das durch eine konsequente Raum-in-Raum-Bauweise und ein ausgeklügeltes Masse-Feder-System.
Die massiven Innenstrukturen sind vollständig von der tragenden Stahlbetonhülle entkoppelt und verhindern jegliche Körperschallübertragung. Auch das Institut für Tasteninstrumente ruht auf einer schwimmenden Stahlbetonplatte – unabhängig vom übrigen Tragwerk. Zusätzliche Pufferzonen wie Flure oder Zwischenräume ergänzen das hochpräzise akustische Konzept. Die statische Struktur folgt konsequent den bauakustischen Erfordernissen. Stahlbeton-Flachdecken, schachtelförmige Primärstrukturen und Pendelstützen bilden ein robustes System zur Lastabtragung. Auskragungen werden über schräge Stützen im oberen Geschoß abgefangen. Funktional überzeugt das Gebäude durch die kompakte Organisation und maximale Tageslichtversorgung aller Institute. Dieses Projekt ist ein überzeugendes Beispiel dafür, wie durchdachte Materialwahl und -verwendung zu einem ganzheitlichen architektonischen Konzept führen können – funktional, sinnlich und zukunftsweisend.
Sieger Kategorie Revitalisierung: Kulturzentrum Mattersburg

© Wolfgang Thaler
Mit der Sanierung und Erweiterung des Kulturzentrums Mattersburg ist ein sensibler architektonischer Dialog zwischen Alt und Neu gelungen. Der ursprünglich 1976 im Stil des Brutalismus errichtete Bau stand bereits zur Disposition – ein Abriss wurde 2013 diskutiert, aber durch eine zivilgesellschaftliche Initiative verhindert. Die identitätsstiftenden Merkmale und die skulpturale Qualität des Bestands wurden erhalten und sensibel ergänzt. Sichtbeton und eine Stahl-Glaskonstruktion prägen das Ensemble, das sich harmonisch in die Landschaft einfügt. Das zentrale Foyer, mit verjüngenden Stützen und schwebendem Steg, verbindet die beiden Bauteile räumlich wie funktional und verleiht dem Ort Leichtigkeit und Offenheit. Das Projekt setzt ein klares Zeichen für Nachhaltigkeit und bewusste Materialwahl: Der ressourcenschonende Einsatz von Ökobeton, der Verzicht auf PVC sowie die Verwendung schadstoffarmer Dämmstoffe spiegeln einen zeitgemäßen, verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Eine moderne Haustechnik mit erneuerbaren Energieträgern und Wärmerückgewinnung unterstützt diesen Anspruch.
Das neue Zentrum bietet barrierefreien Zugang, flexible Nutzungsmöglichkeiten und eine starke öffentliche Präsenz. Ein teilbarer Veranstaltungssaal und Archivräume ergänzen die restaurierten Betonvolumen des Bestands. Die Einbettung in das Gelände sowie die Anbindung an Schule und Bahnhof stärken die stadträumliche Verknüpfung. Die gelungene Kombination aus Erhalt, Transformation und Weiterentwicklung verleiht dem Ensemble nicht nur neue Relevanz, sondern macht es zu einem Vorbild für den sensiblen Umgang mit Bauten der Nachkriegsmoderne.
Anerkennungspreise
Zusätzlich zu den Siegerprojekten hat die Jury des Österreichischen Betonpreises 2025 auch drei Anerkennungspreise vergeben. Sie gehen in der Kategorie Wohnbau an das Projekt Lendmark in Graz, in der Kategorie Bildungs- und Verwaltungsbau an die Volks- und Mittelschule Leopold-Kohr-Straße (Barbara-Prammer-Schule) in Wien und in der Kategorie Revitalisierung an das Wiener Office des Europäischen Patentamts.